Verkehrsexperten warnen, dass Ablenkung am Steuer eine immer größer werdende Unfallgefahr darstellt. Aktuelle Untersuchungen belegen zudem, dass 55 Prozent aller Autofahrer ihr Smartphone regelmäßig am Steuer benutzen. Bei den 18- bis 29-Jährigen sind es sogar erschreckende 85 Prozent. Durchschnittlich verfasst jeder sechste Autofahrer während der Fahrt eine Textnachricht - jüngere Fahrer noch häufiger. Psychologen sprechen dabei von suchtähnlichen Verhaltensweisen, bedingt durch den Druck ständiger Erreichbarkeit und dem Wunsch digitaler Teilhabe.
Im Jahr 2019 ahndete die NRW-Polizei insgesamt 155.932 Handy-Verstöße. Verkehrsexperten schätzen, dass bei jedem zehnten Verkehrsunfall mit Verletzten Ablenkung die Unfallursache ist. Das Dunkelfeld dürfte deutlich höher sein. Nach so einem Verkehrsunfall sagt keiner: Den Radfahrer hab ich nicht gesehen, war gerade auf Facebook. Angesichts des durch wissenschaftliche Studien nachgewiesenen erhöhten Risikos um das bis zu 50-fache durch die Ablenkung von Smartphones, ist Ablenkung in Fachkreisen unbestritten eine der wesentlichsten Unfallursachen in NRW.
Erhöhte Bußgelder und konsequente Verfolgung durch die Polizei
Das Bußgeld für die Benutzung elektronischer Geräte als Führer eines Kraftfahrzeuges liegt bei 100 Euro und einem Punkt im Fahreignungsregister. Bei einer hinzutretenden Gefährdung kommt ein Monat Fahrverbot hinzu. Verstöße gegen § 23 Absatz 1a StVO werden beim Führen eines Kraftfahrzeuges als schwerwiegende Verstöße, die zur Teilnahme an einem Aufbauseminar, Verlängerung der Probezeit und dem Entzug der Fahrerlaubnis führen können, eingestuft (Anlage 12 Fahrerlaubnisverordnung (FeV), Probezeit). Für Radfahrer liegt das Verwarngeld bei 55 Euro. Festgestellte Verstöße werden durch die Polizei zur Anzeige gebracht. Bei wiederholten Verstößen drohen zudem noch höhere Bußgelder, Fahrverbote und für Unbelehrbare auch der Entzug der Fahrerlaubnis.
Durch die konsequente Verfolgung der Verstöße zeigt die Polizei deutlich, dass sie gefahrenträchtiges Verhalten nicht akzeptiert. Dennoch ist das Dunkelfeld erheblich, wie jeder mit offenen Augen im Verkehr feststellen kann. Für das Verkehrsunfallgeschehen gilt dies ebenso. Wenn Fahrzeuge auf gerader Strecke plötzlich in den Gegenverkehr geraten, von der Fahrbahn abkommen oder ungebremst auf ein Stauende auffahren, stellt sich die Frage nach der Aufmerksamkeit der Fahrzeugführenden. Was geschah in den letzten Sekunden vor der Kollision an Bord? War die Hand am Smartphone, der Blick auf dem Display? Um diese Fragen zu klären, stellt die Polizei Geräte in diesen Fällen sicher und wertet sie aus.
Wie wirkt sich der neue § 23 Absatz 1a der Straßenverkehrs-Ordnung auf die Verkehrsteilnehmer aus?
§ 23 Absatz 1a der Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) ist seit dem 19. Oktober 2017 in Kraft. Aktuell bezieht sich die Regelung auf alle elektronischen Geräte, die der Kommunikation, Information oder Organisation dienen oder zu dienen bestimmt sind. Schon vor der Änderung im Jahr 2017 tendierte die Rechtsprechung dazu, den Begriff "Benutzung" weit auszulegen, so dass auch künftig davon ausgegangen werden kann, dass jegliches Beanspruchen irgendeiner Smartphone-Funktion ausreicht, um die Anforderungen an eine Benutzung zu erfüllen. In jedem Falle liegt eine Ordnungswidrigkeit vor, wenn das Gerät zur Benutzung aufgenommen oder gehalten wird.
Neue Regeln auf einen Blick:
- Mobil-/Autotelefone wurden erweitert auf elektronische Geräte zur Kommunikation, Information oder Organisation wie zum Beispiel:
- Smartphones,
- Tablets,
- Laptops,
- Notebooks,
- Smartwatches.
- Das Aufnehmen/Halten zur Benutzung ist ausnahmslos verboten.
Auch die Nutzung bei "Start-Stop-Automatik" oder einem Elektromotor im Ruhemodus ist nicht erlaubt.
Be smarter than your phone
Wer bei Tempo 50 nur zwei Sekunden lang WhatsApp-Nachrichten checkt, sieht 30 Meter lang nicht, was vor ihm passiert. Wer zwei Sekunden die neuen Instagram-Stories auf dem Fahrradsattel liest, hat schnell 10 Meter im Tunnelblick zurückgelegt. Dabei entgeht, ob der Vordermann bremst, die Ampel auf Rot springt oder plötzlich ein Kind auf die Fahrbahn läuft.
Einmal kurz online - für immer offline In einer Sekunde kann mehr passieren als man denkt! Ein kurzer Blick aufs Handy ist lebensgefährlich. Um auf die Gefahren durch Ablenkung aufmerksam machen, hat die Polizei in Lippe und Paderborn gemeinsam mit Studierenden der Hochschule Ostwestfalen-Lippe drei eindringliche Videos produziert. Keine WhatsApp-Nachricht, kein Anruf ist ein Menschenleben wert.